Die Hochschulbildung ist für den Wissenschaftsstandort Deutschland von immenser Bedeutung. Damit Hochschulen trotz begrenzter Ressourcen (z. B. Anzahl der Studienplätze) zukünftig eine große Anzahl von akademisch qualifizierten Fachkräften bereitstellen können, ist die Gewährleistung des Studienerfolgs umso wichtiger. Es ist allerdings leider keine Seltenheit, dass Studierende ihre akademische Reise vorzeitig beenden: Etwa ein Drittel der Bachelorstudierenden entscheidet sich dafür, das Studium vor dem Abschluss abzubrechen.
Die Entscheidung für einen Studienabbruch wird von einer Vielzahl interner und externer Faktoren beeinflusst, die über die aktuelle Studiensituation hinausgehen. Auch wenn sich der Abbruch eines Studiums nicht auf einen einzigen Grund zurückführen lässt, ist dieser Schritt oftmals durch die fehlende Passung individueller Studienvoraussetzungen mit den Anforderungen des Studiums bedingt. Die Mehrheit der Studienabbrecher:innen gibt unbewältigte Leistungsanforderungen als ausschlaggebenden Faktor bei der Entscheidung an. Die mangelnde Identifikation mit dem Studienfach ist ein weiteres Motiv für Studienabbrüche. Dies spiegelt sich auch im frühen Abbruchzeitpunkt wider, denn während der ersten beiden Semester sind überdurchschnittlich viele Studienabbrüche zu verzeichnen. Als Ursprung der genannten Gründe für Studienabbrüche kann eine falsche Studienwahl gesehen werden, was die Bedeutung der Entscheidung für ein bestimmtes Studienfach unterstreicht.
Die Studienabbruchquote zu senken ist ein wichtiges Ziel für Hochschulen, da dies sowohl den Studierenden zugutekommt als auch zur Ressourceneinsparung seitens der Hochschule und zur Verbesserung der Bildungsqualität beiträgt. Was können Hochschulen konkret tun, um die Studienabbruchquote langfristig zu senken? Fünf Maßnahmen zur Reduktion der Zahl der Studienabbrüche sind:
- Frühzeitige Beratung und Orientierung: Viele Studienanfänger:innen sind nur unzureichend darüber informiert, was sie im Studium erwartet. Um diese Diskrepanz zwischen Erwartungen und Studiensituation aufzulösen und die Eignung für das Wunschstudienfach sicherzustellen, sollte den Studierenden die Gelegenheit gegeben werden, das Studium im Vorfeld zu „erfahren“. Dies kann z. B. durch Informationsveranstaltungen, Schnuppervorlesungen, aber auch Online-Self-Assessments (OSA) und persönliche Beratungsgespräche realisiert werden. Diese Erfahrungen und Informationen helfen den Studieninteressierten dabei, basierend auf einer realistischen Selbsteinschätzung ihrer Fähigkeiten und ihrer Passung zum gewählten Studiengang eine fundierte Entscheidung zu treffen und das Fach zu wählen, das ihren individuellen Interessen und Zielen am besten entspricht.
- Fachspezifische Studieneignungstests: Studieneignungstests, die vor dem Studienbeginn eingesetzt werden, dienen dazu sicherzustellen, dass Studieninteressierte die erforderlichen Fähigkeiten und Kompetenzen für das gewählte Studienfach besitzen und ausreichend gut auf das Studium vorbereitet sind. Dadurch wird der Studienbeginn erleichtert und die Aussicht auf einen erfolgreichen Studienverlauf verbessert. Außerdem besitzen fachspezifische Studieneignungstests genau wie die oben genannten Instrumente eine Orientierungsfunktion hinsichtlich des Studienfachs.
- Unterstützung des Übergangs zwischen Schule und Hochschule: Zur Aufarbeitung fehlender Vorkenntnisse und Fähigkeiten, die Studienanfänger:innen in der Studieneingangsphase haben, bieten sich Brückenkurse und Vorpraktika an. Diese helfen den Studierenden dabei, sich schneller an das Hochschulniveau anzupassen und den Studienstoff besser zu bewältigen, was den Studienbeginn erleichtert und die Studienerfolgschancen verbessert.
- Fachliche Unterstützungsangebote: Hilfreich ist weiterhin, den Studierenden während des Semesters Feedback zu ihrem Leistungsstand anzubieten, den sie mithilfe der angebotenen Kurse und Tutorien verbessern können. Die frühzeitige Rückmeldung etwaiger Lerndefizite hilft den Studierenden, ihren Leistungsstand besser einzuschätzen und vorhandene Wissenslücken noch vor den Semesterabschlussprüfungen aufzuarbeiten. Auf diesem Wege steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Studierenden erfolgreich den Studiengang absolvieren und Studienabbrüche aufgrund von fachlichen Herausforderungen werden reduziert.
- Identifizierung von gefährdeten Studierenden: Mithilfe von einem Frühwarnsystem und Notenmonitoring können Leistungsprobleme und Studienabbruchgefährdung frühzeitig festgestellt werden, sodass gefährdete Studierende angesprochen, beraten und unterstützt werden können. Das Notenmonitoring ermöglicht nicht nur individuelle Beratung, sondern auch zusätzliche Erkenntnisse über Faktoren, die Studienabbruch begünstigen können und kann somit zur Verbesserung der allgemeinen Studienbedingungen beitragen. Zudem liefert es wichtige Informationen über die Entwicklung der Studienabbruchzahlen.
Weiterführende Literatur
- Heublein, U., Ebert, J., Hutzsch, C., Isleib, S., König, R., Richter, J., & Woisch, A. (2017). Zwischen Studienerwartungen und Studienwirklichkeit. Ursachen des Studienabbruchs, beruflicher Verbleib der Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher und Entwicklung der Studienabbruchquote an deutschen Hochschulen, 1.
- Heublein, U., Hutzsch, C., & Schmelzer, R. (2022). Die Entwicklung der Studienabbruchquoten in Deutschland. DZHW Brief (05|2022). Hannover.
- Neugebauer, M., Heublein, U., & Daniel, A. (2019). Studienabbruch in Deutschland: Ausmaß, Ursachen, Folgen, Präventionsmöglichkeiten. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 22(5), 1025-1046.
- Quickstart Sachsen+. (2022, 8. Februar). Zahlen, Daten & Fakten zum Thema Studienabbruch – Studienabbruch und weiter. Studienabbruch Und Weiter. https://studienabbruch-und-weiter.de/de/zahlen-daten-fakten-studienabbruch/