Obwohl ich eigentlich mit der Idee ins Studium gestartet bin, unbedingt Psychotherapeut zu werden, habe ich relativ früh eine gewisse Begeisterung für statistische, methodische und diagnostische Themen entwickelt – zu meiner eigenen Verwunderung.
Die Entwicklung von aussagekräftigen und zeitgemäßen Studieneignungstests ist eine komplexe Aufgabe, die Expertise und ein hohes Maß an Spezialisierung erfordert. In diesem Beitrag stellen wir unseren Testentwickler:innen Madita Frickhöffer und Daniel Weppert einige Fragen zu ihrer Tätigkeit im Institut für Test- und Begabungsforschung und zu ihrer Faszination für ein vermeintliches Nischenthema wie die Testentwicklung.
Madita Frickhöffer: Ich bin derzeit vor allem in der Testentwicklung tätig. Neben Testaufgaben, die ich selbst erstelle, gehört dazu auch das Überarbeiten der Items, die Kolleg:innen oder unsere externen Sachverständigen entwickelt haben. Außerdem natürlich zahlreiche Schleifen von Probelösen, Qualitätsprüfung der Aufgaben und anschließendem Optimieren. Neben den Tests aus dem Hochschulumfeld bin ich zudem verantwortlich für eine Reihe von Auswahltests für unterschiedliche Ausbildungsberufe, die ebenfalls aus sehr vielen, sehr unterschiedlichen Aufgabengruppen bestehen. Hier geht es neben der Entwicklung vor allem ums Koordinieren der unterschiedlichen Beteiligten und die Evaluation der Tests.
Daniel Weppert: Ein wesentlicher Schwerpunkt besteht in meiner Mitarbeit am TMS, dem Medizinertest – also dem ersten und wohl auch bekanntesten Test, den das ITB bisher entwickelt hat. Dazu gehört natürlich zunächst die eigentliche Aufgabenentwicklung, aber auch der Austausch mit Sachverständigen, und die Auswertung des TMS. Gerade die ist jedes Jahr aufs Neue ein super spannendes Großereignis im ITB. Außerdem bin ich hauptverantwortlich für ITB-CHART (einen Test zur Auswahl von Auszubildenden, Studierenden und Personen mit Berufserfahrung), um dessen Evaluation, Weiterentwicklung und Qualitätssicherung ich mich kümmere.
Madita: Studiert habe ich Psychologie an der HHU in Düsseldorf, da hier im besonderen Maße ein Schwerpunkt auf Psychologie als Naturwissenschaft gelegt wird und viele Module aus den Neurowissenschaften, der Physiologie und Biologie stammen. Während des Studiums habe ich mich dann vor allem Richtung Methodik und Testtheorie orientiert und schon früh im Bachelor als Hilfskraft in der Diagnostik und der Differentiellen Psychologie angefangen. Dort bot sich mir die Möglichkeit, nicht nur bei Forschungsthemen zu unterstützen, sondern auch eigene wissenschaftliche Themen zu erforschen und auf Konferenzen vorzustellen. Das ITB mit seinem hohen wissenschaftlichen Anspruch hat mich dementsprechend als Arbeitgeber sehr angesprochen.
Daniel: Ursprünglich habe ich eine Ausbildung zum Erzieher gemacht und anschließend zwei Jahre als pädagogische Leitung in einer Gemeinschaftsgrundschule gearbeitet. Ich hatte allerdings relativ schnell den Wunsch, noch ein Studium anzuschließen. Unter anderem durch den Austausch mit der Schulpsychologin bin ich darauf aufmerksam geworden, dass Psychologie ein interessantes Studium für mich sein könnte, da das Fach so viele unterschiedliche Themenfelder berührt. Sowohl meinen Bachelor als auch meinen Master habe ich dann in Wuppertal gemacht. Und obwohl ich eigentlich mit der Idee ins Studium gestartet bin, unbedingt Psychotherapeut zu werden, habe ich relativ früh eine gewisse Begeisterung für statistische, methodische und diagnostische Themen entwickelt – zu meiner eigenen Verwunderung.
Obwohl ich eigentlich mit der Idee ins Studium gestartet bin, unbedingt Psychotherapeut zu werden, habe ich relativ früh eine gewisse Begeisterung für statistische, methodische und diagnostische Themen entwickelt – zu meiner eigenen Verwunderung.
Daniel: Generell finde ich es einfach spannend, ausgehend von einer Theorie oder einem Anforderungsprofil geeignete Aufgabenformate oder Testinhalte abzuleiten. Also Theorie in die Praxis zu überführen. Ich empfinde das Schreiben neuer Items zudem als kreativen Prozess, der mir viel Spaß macht. Eine nette „Nebenwirkung“ ist auch, dass ich selbst dabei, insbesondere durch die Abstimmung mit den Sachverständigen, ständig viele neue fachliche Inhalte dazulerne. Aber das Faszinierendste ist doch eigentlich, dass wir auf Basis eines guten Tests tatsächlich Aussagen über die Zukunft treffen können, etwa über Erfolg oder Leistung in Studium, Ausbildung und Beruf.
Madita: Mir gefällt einerseits die thematische Freiheit und Kreativität. Ich kann mich morgens hinsetzen und mir irgendein Thema aus Medizin oder Naturwissenschaften suchen, das mich interessiert, dazu recherchieren und einen Aufgabenentwurf erstellen. Dabei lernt man die kuriosesten Dinge. Andererseits finde ich es super spannend, mich in andere hinzuversetzen oder das eigene Denken zu reflektieren. Zu überlegen, welche Fehlschlüsse jemand ziehen, welcher Trugschluss sich aufdrängen könnte oder welche absolut kontraintuitive Aussage vielleicht trotzdem stimmt, macht mir großen Spaß.
Mir gefällt die thematische Freiheit und Kreativität. Ich kann mich morgens hinsetzen und mir irgendein Thema aus Medizin oder Naturwissenschaften suchen, das mich interessiert, dazu recherchieren und einen Aufgabenentwurf erstellen. Dabei lernt man die kuriosesten Dinge.
Daniel: Große Projekte wie zum Beispiel der TM-WISO oder der PhaST unterliegen vielen unterschiedlichen Anforderungen (z.B. durch unterschiedliche Interessengruppen), sodass immer wieder Änderungen nötig werden, die sich auch auf die Testzusammenstellung, Durchführung und Auswertung auswirken. In diesem Jahr wird beispielsweise die einmalige Wiederholbarkeit des TMS eingeführt, was mit hohen zusätzlichen Anforderungen bei der Testzusammenstellung verbunden ist. Das macht natürlich zum Teil gerade den Reiz solcher Projekte aus, einfach ist das aber nicht immer…
Madita: Im Zuge der notwendigen Geheimhaltung nervt es manchmal, besonders gelungene Aufgaben, Texte oder Themen, an den man lange gearbeitet hat, nicht mit Freunden oder der Familie teilen und nur begrenzt darüber sprechen zu können, da man ansonsten die Testsicherheit gefährden würde.
Daniel: In erster Linie ist natürlich entscheidend, dass eine Testaufgabe bzw. ein Test ein beabsichtigtes Merkmal zuverlässig, effizient – also verbunden mit sparsamem Zeitaufwand – fair und objektiv erfasst. Schön finde ich es aber auch, wenn sich ein Item oder Test zusätzlich einer hohen Akzeptanz bei den Teilnehmenden erfreut. Etwa weil für die Teilnehmer:innen unmittelbar der Bezug zum späteren Tätigkeitsfeld oder der Ausbildung erkennbar ist.
Madita: Mit den klassischen Gütekriterien lässt sich beurteilen, ob ein Test funktioniert. Ob er aber gut ist, hängt aus meiner Sicht auch davon ab, ob das Lösen Spaß macht. Ein Test muss dem eigenen Fähigkeitslevel entsprechend lösbar, aber dennoch eine Herausforderung sein. Wenn es einen merklichen Aha-Effekt beim Lösen gibt, cleveres um-die-Ecke-Denken erfordert ist oder natürlich, wenn man selbst etwas Spannendes oder Lustiges beim Beantworten lernt, würde ich den Test als gut bezeichnen. So kann man ja zum Beispiel schon beim Beantworten eines Persönlichkeitsfragebogens noch vor der Ergebnisrückmeldung eine Menge über sich selbst herausfinden, einfach weil man durch die richtigen Fragen anfängt zu reflektieren. Das macht einfach Spaß. Ist das nicht auch der Grund, warum Menschen im Internet ein Quizz machen um herauszufinden, welcher Pizzabelag sie sind? Aber ich bin froh, dass die ITB-Tests am Ende dann doch einen etwas höheren fachlichen Anspruch haben.